Die Autismus-Spektrum Störung
Die Autismus-Spektrum Störung ist eine komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung. Häufig bezeichnet man Autismus bzw. Autismus-Spektrum-Störungen auch als Störungen der Informations- und Wahrnehmungsaufnahme und -verarbeitung, die sich auf die Entwicklung der sozialen Interaktion, der Kommunikation und des Verhaltensrepertoires auswirken kann.
Die Bandbreite der Einschränkungen und dadurch entstehenden Verhaltensauffälligkeiten ist dabei außerordentlich groß. Es bestehen aber keine Autismus-spezifischen Symptome, alle Symptome können auch bei anderen psychiatrischen Störungsbildern auftreten. Die Diagnose besteht nicht auf technischen Untersuchungen wie Blutanalysen, Röntgenbildern usw., sondern auf einer genauen Erhebung der Entwicklungsgeschichte des Kindes oder des Jugendlichen und auf einer sorgfältigen, standardisierten Beobachtung des aktuellen Verhaltens.
Die Kernsymptome der Autismus-Spektrum Störung sind:
- Störungen in der sozialen Interaktion
- gestörte Kommunikationsfähigkeit
- eingeschränktes, repetitives Verhalten
Die Kinder und Jugendlichen im Autismus-Spektrum reagieren oft nicht oder unangemessen auf soziale und emotionale Signale anderer Menschen. Sich auf Ansprache zuzuwenden, Blickkontakt aufzubauen und zu halten, fällt ihnen meist schwer. Mitunter wirken die Kinder wie taub und in ihre Welt versunken, können sich aber zu anderen Zeiten auch hyperaktiv verhalten.
Die Störungen in den sprachlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten behindern die soziale Kommunikation und Interaktion erheblich. Aktive Sprache wird nicht erlernt oder nicht angemessen eingesetzt. Das nicht Verstehen und nicht aktiv Einsetzen von Körpersprache und Sprachmelodie erschweren die kommunikative und emotionale Interaktion zusätzlich.
Hinzu kommt eine mangelnde Fähigkeit zum sozial imitierenden Spiel (Rollenspiel, „so tun als ob...“). Auch das Lernen durch Nachahmen und imitieren kann sehr beeinträchtigt sein, da die dafür notwendige Funktion der Spiegelneurone oft eingeschränkt ist.
Die Autismus-Spektrum Störung ist außerdem charakterisiert durch eingeschränkte, sich wiederholende und stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten. Dieses zeigt sich sowohl in unüblichen Spielmustern und in der starren, routinierten Ausführung von alltäglichen Aufgaben. Veränderungen von Handlungsroutinen oder Details in der persönlichen Umgebung (z.B. Umstellen von Dekoration oder Möbeln) können ausgeprägte Widerstände auslösen. Häufig bestehen zudem motorische Stereotypien und/oder immer wiederkehrende, nicht sachgerechte Beschäftigungen mit verschiedenen Materialien, wie z.B. Riechen und Lecken an Objekten und/oder übermäßige Bindung an Gegenstände. Menschen im Autismus-Spektrum haben sehr häufig Schwierigkeiten sich selbst wahrzunehmen und sich in der Welt zurecht zu finden. Um dem entgegen zu wirken, sich wahrnehmen und spüren zu können, zeigen sie häufig reizsuchendes, repetitives Verhalten (Stimming).
Die emotionale Entwicklung ist bei fast allen Menschen im Autismus-Spektrum deutlich beeinträchtigt. Die eigenen Emotionen sind meist sehr intensiv und wirken sich auf die gesamte Denkstruktur aus. Oft können die Emotionen aber nicht mit „normalen“ Worten, wie traurig, wütend o.ä. ausgedrückt werden. Es besteht sozusagen ein Übersetzungsproblem, also die Unfähigkeit das innere Erleben mit der äußeren Welt oder anderen Menschen in Verbindung zu bringen. Das bedeutet, dass viele Menschen im Autismus-Spektrum keine oder nur rudimentär eigenen Emotionen erkennen oder benennen können, obgleich diese vorhanden sind. Des Weiteren zeigen sich deutliche Schwierigkeiten in der emotionalen Bewältigung, der damit verbundenen Handlungssteuerung und Lösungsorientierung.
Neben diesen spezifischen, diagnostischen Merkmalen zeigen Kinder und Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum Störung oft auch eine Reihe anderer, unspezifischer Probleme, Befürchtungen, Phobien, Zwänge und zwanghaftes Verhalten, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche und Aggressionen. Oft ist ihre Stimmung sehr labil, ohne dass Gründe hierfür für Außenstehende sichtbar wären. Die Autismus-Spektrum Störung ist hier meist nicht Ursache, sondern muss als Risikofaktor für das Auftreten weiterer komorbider Erkrankungen gewertet werden.
Die Autismus-Spektrum Störung ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht heilbar.