Diagnostik
Die Autismus-Spektrum Störung zählt in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10 Kapitel F 84.0, seit 01.01.22 mit einer Übergangsphase ICD-11) zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen.
In der Wissenschaft wurde der Autismus bisher diagnostisch unterteilt in „Frühkindlicher Autismus“ (F84.0), „Atypischer Autismus“ (F84.1) und „Asperger Syndrom“ (F84.5). Heute spricht man von einer „Autismus-Spektrums-Störung“. Dieser Begriff assoziiert weitaus mehr Übergänge und verbindende Diagnosekriterien, als die bisherige Abgrenzung und Unterteilung es zuließ. Die Erfahrung zeigt, dass „ein Kontinuum von Symptomen und Schweregraden zu diesem Behinderungsbild gehört. Autismus-Spektrums-Störungen sind bei verschiedenen Kindern unterschiedlich ausgeprägt und verändern sich oft bei ein und demselben Kind im Laufe seiner Entwicklung.“ (Bernard-Opitz 2005). Für pädagogische und therapeutische Überlegungen ist es von Bedeutung, diese Symptome und Schweregrade so genau wie möglich zu bestimmen.
Ergänzend zur psychiatrischen Diagnostik gewinnt zunehmend die ICF, internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, an Bedeutung. Mit diesem Instrument werden, neben den Möglichkeiten an gesellschaftlicher Teilhabe, die körperlichen Funktionen sowie die Aktivitätsbereiche eines Menschen abgebildet. Dieser verbindet einen menschenorientierten Ansatz zu den gesundheitlichen Diagnosen. Beide Verfahren ergänzen sich und ergeben ein bestmögliches menschen-, ressourcen- und teilhabeorientiertes Bild einer Person.
Eine Diagnose im Autismus-Spektrum ist sehr komplex und kann nur durch gründliche Anamnese, genaue Verhaltensbeobachtung und ausführliche Befragung der Bezugspersonen und des Umfeldes gestellt oder ausgeschlossen werden. Um die individuellen Auffälligkeiten von anderen Entwicklungsstörungen abzugrenzen, müssen in allen Funktionsbereichen Symptome, Auftreten, Häufigkeit und Intensität überprüft werden.
Die kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik erfolgt durch das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) in Hannover, durch niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater:innen, durch Amtsärzt:innen oder die Sozialpsychiatrischen Beratungsstellen für Kinder und Jugendliche der Stadt Hannover. Eine entwicklungspsychologische Einschätzung, besonders im Hinblick auf kognitive und emotionale Entwicklung, sprachliche Leistungen und Wahrnehmungsentwicklung, erfolgt durch Fachkräfte in unseren Einrichtungen.
Jeder Mensch im Autismus-Spektrum hat ein höchst individuelles Erscheinungsbild der Symptomatik. Für die Förderung und Begleitung dieses Menschen ist es wichtig herauszufinden, in welchen Funktionsbereichen und in welcher Ausprägung die einzelnen Symptome auftreten und welche Kompensationsmöglichkeiten vorhanden sind.
Die bisherige Aufteilung der Autismus-Spektrum Störung in frühkindlichen Autismus, atypischen Autismus und Asperger Autismus orientiert sich am Auftretens-Zeitpunkt der ersten Symptome, dem Charakter der Sprach- und Verhaltensauffälligkeiten, sowie der sozialen Interaktionen und dem Grad einer möglicherweise begleitend auftretenden geistigen Beeinträchtigung.